Medienmitteilung
Akademien der Wissenschaften Schweiz a+
Zulassung neuer Züchtungstechnologien stärker auf tatsächliche Risiken ausrichten
Die Akademien der Wissenschaften Schweiz begrüssen grundsätzlich, dass der Bundesrat mit dem geplanten Gesetz über Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien (NZTG) einen risikobasierten Rechtsrahmen anstrebt. Die Regulierung müsse jedoch stärker auf die Eigenschaften der Pflanze ausgerichtet sein und nicht primär auf Züchtungsverfahren. Zudem sei der Nachweis eines Mehrwertes kaum umsetzbar und Freisetzungsversuche müssten erleichtert werden, schreiben die Akademien in ihrer Stellungnahme.

Mit neuen Züchtungstechnologien (NZT) wie CRISPR/Cas wird das Erbgut von Pflanzen gezielter verändert als mit konventioneller Züchtung – und der Züchtungsprozess kann wesentlich beschleunigt werden. Es gibt keine Hinweise darauf, dass diese Verfahren an sich grössere Risiken für Mensch und Umwelt bergen. Das Zulassungsverfahren sollte deshalb auf die konkreten biologischen Eigenschaften der Pflanzen, anstatt auf den Entstehungsprozess ausgerichtet sein. So könnten etwa Pflanzen, bei denen Eigenschaften bzw. Gene eingefügt wurden, die bereits bei anderen Sorten vorkommen, vereinfacht zugelassen werden.
Mehrwertnachweis kaum umsetzbar
Der Gesetzesentwurf verlangt für die Zulassung von NZT-Pflanzen, dass ein Mehrwert gegenüber konventionellen Pflanzen nachgewiesen wird. Was genau als Mehrwert gilt, wird im Gesetzesentwurf nicht definiert. Ein solcher Nachweis wäre international einzigartig, sehr aufwändig und mit Unsicherheiten verbunden. Die Akademien schlagen deshalb vor, auf einen Mehrwertnachweis zu verzichten oder diesen zumindest klar und anwendbar zu definieren.
Erleichterte Freisetzungsversuche für die Forschung
Freisetzungsversuche zu Forschungszwecken werden durch das Gesetz nicht erleichtert. Dies ist für die Akademien nicht nachvollziehbar. In Fällen, wo kein erhöhtes Risiko vorliegt, würde ein einfaches Anzeigeverfahren genügen.
Praxisgerechte Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit
Der Gesetzesentwurf basiert auf der Möglichkeit, in Endprodukten die Anwendung der NZT nachzuweisen. Laut den Forschenden wird dies in vielen Fällen nicht möglich sein, gerade bei Importen aus Ländern ohne Kennzeichnungspflicht. Es bleibe deshalb unklar, wie die geforderten Kennzeichnungs- und Rückverfolgungspflichten kontrolliert werden können.
Monitoring von ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen
Die neuen Züchtungstechnologien können, wie alle neuen Technologien, unvorhergesehene ökologische, ökonomische oder gesellschaftliche Auswirkungen haben. Die Akademien halten es deshalb für sinnvoll, mögliche Auswirkungen im Sinne des Vorsorgeprinzips zu beobachten. Zudem sollen die Auswirkungen von Patenten auf den Zugang zu genetischen Ressourcen und die Innovation evaluiert und bei Bedarf flankierende Massnahmen im Immaterialgüterrecht vorgesehen werden.
Weitere Auskünfte erteilt:
Michael Kümin
Forum Genforschung
michael.kuemin@scnat.ch
+41 31 306 93 34