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«Der Mensch ist einer der entscheidenden Faktoren der Gleichung»

Anna Valente, Professorin für Industrierobotik, erläutert im Technology Outlook 2021 der SATW ihre Sicht auf die Maschinen der Zukunft. Eine anthropozentrische technologische Innovation, die aus einer grossen Leidenschaft für Roboter und einem ausgeprägten kulturellen Bewusstsein entstanden ist.

 

Autor: Simone Pengue

© Bildquelle: Annette Boutellier

Ich kann nicht genau sagen, wann meine Leidenschaft für die Robotik geweckt wurde, aber ich weiss, dass ich noch ein Kind war. Ich habe sehr oft mit Robotern gespielt und hatte zwei davon, die aber meinem Vater gehörten. Wenn ich an einen neuen Roboter denke, stelle ich ihn mir lebhaft vor, als Verkörperung persönlicher Ziele, Einstellungen und Herausforderungen. Sie sind Teil meines Vermächtnisses.

 

Meine Forschungsgruppe und ich entwickeln Roboterlösungen, die industrielle und – hoffentlich auch – soziale Bedürfnisse erfüllen, d.h. die Bedürfnisse der Menschen bei der Herstellung von Produkten. Der Mensch ist einer der entscheidenden Faktoren in der Gleichung, und wir wollen ihn auf keinen Fall durch Maschinen ersetzen, sondern seine Fähigkeiten und Fertigkeiten erhalten. Sozialwissenschaften, Neurowissenschaften und Anthropologie spielen eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung neuer Robotergenerationen, die nicht nur in einem von Menschen geprägten industriellen Umfeld koexistieren, sondern mit der Zeit zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags werden.

 

Eine unmittelbare Herausforderung besteht darin, die sofortige und reibungslose Nutzung des Roboters zu ermöglichen. Das heisst, dass man keine besonderen Fähigkeiten braucht, um mit einer Maschine zu interagieren. Denn das können wir uns nicht mehr leisten; die Technologie muss einfach und demokratisch zu nutzen sein. Mittelfristig besteht eine weitere Herausforderung darin, Arbeitsplattformen zu schaffen, die in der Lage sind, die physische und kognitive Belastung ihrer menschlichen Kolleginnen und Kollegen zu messen, um Ermüdungszustände zu erkennen, die deren Gesundheit gefährden könnten. Eine müde Arbeitskraft läuft Gefahr, Fehler zu machen und sich zu verletzen. Mit Robotern an ihrer Seite, die sie auf Anomalien oder kritische Situationen aufmerksam machen, kann sie sich schützen. Die Roboter der Zukunft müssen abwägen können, d.h. sie müssen die Möglichkeit haben, ihre Handlungen jederzeit auf der Grundlage des menschlichen Wohlbefindens zu ändern.

 

Die Co-AutorInnen der beiden Kapitel des SATW Technology Outlook über die additive Fertigung, zu denen ich beigetragen habe, sind KollegInnen, mit denen ich seit mehreren Jahren sehr eng zusammenarbeite. Alles, was wir geschrieben haben, ist das Ergebnis von Visionen, die im Laufe der Zeit zusammengeführt und durch ständige Überarbeitung verfeinert wurden. Es war ein sehr einfacher Schreibprozess, weil unsere Ansichten zu diesen Themen stark übereinstimmen. Es ist überaus hilfreich, wenn man verschiedene Erfahrungen in den Text einbringen kann.

 

Als Forscherin in diesem Bereich zu arbeiten ist eine grosse Verantwortung. Im Ingenieurwesen sind nur 20 % der hochrangigen Positionen mit Frauen besetzt. Es liegt an uns zu zeigen, dass auch Frauen einen wertvollen Beitrag im Ingenieurwesen leisten können, und dies mit greifbaren Beispielen zu belegen. Es liegt auf der Hand, dass es sich hierbei um eine kulturelle und soziale Entwicklung handelt, die in der Erziehung und Ausbildung der jungen Generation beginnt. Sich des grossen technischen, kreativen und unternehmerischen Potenzials bewusst zu werden ist der erste Schritt, um sich in der Welt der Ingenieure zu akkreditieren.

 

Das erste, was mir zum Thema «Wassertropfen» in den Sinn kommt, ist, ein Teil des Gesamten zu sein. Der Tropfen ist in sich vollkommen, findet aber sein Gleichgewicht im Regen, in seiner Zugehörigkeit zu etwas Grösserem. Es ist eine Frage des Gleichgewichts.

Dieser Artikel wurde im Jahresbericht 2021 der Akademien der Wissenschaften Schweiz veröffentlicht.

Zum Jahresbericht

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